Nochmal ein kurzes Update aus unserem Programmierstress in unserer leider letzten Woche hier in Frankfurt:
Seit mittlerweile einer Woche sind wir endlich dabei richtig zu programmieren. Dabei geht es darum, die Vorgänge in unserem Arbeitsgedächtnis (die während dem Lösen der Aufgabe unserer Arbeitsgruppe – von der wir letzte Woche schon berichtet haben) zu modellieren.
Im ersten Schritt haben wir zwei attractor networks (Neuronenpools, die stark mit sich selbst und anderen rückgekoppelt sind und für einen Gedanken oder eine Handlung codieren) programmiert, die die zwei Grundregeln (Zahl oben oder Zahl unten heller) repräsentieren.
Hierbei stellt man sich vor, dass man für diese zwei Regeln im Gehirn zwei stark rückgekoppelte Neuronenpools (Gd1 & Gd2) gibt, die in einen größeren nichtspezifischen Neuronenpool (Ge) eingebettet sind. Als regulierendes Element gibt es zusätzlich noch einen inhibitorischen Neuronenpool (Gi).
Die zwei spezifischen Neuronenpools haben zwei stabile Zustände. Ein Zustand, in dem sie „nichts“ machen und einfach nur vor sich hindümpeln. In diesem Zustand kann man dann lediglich ein „Rauschen“ (kein konkreter Gedanke) erkennen, das von den sehr niedrigen Feuerraten der Neuronen kommt. Im zweiten Zustand ist einer der beiden Neuronenpools „aktiv“, dies lässt sich an einer hohen Feuerrate erkennen. D.h. unser Modell hat einen Gedanken gefasst bzw. sich an eine Regel erinnert 🙂
Um die Neuronenpools von dem einen in den anderen stabilen Zustand zu bringen brezelt man in ein (oder sogar beide) attractor network einen Reiz, über das Einspeißen einer bestimmten Frequenz (in der Realität wäre es das erkennen der helleren Farbe).
Wird dieser Reiz lediglich in einen Neuronenpool reingehaun (vergleichbar mit: lediglich Zahl oben zu sehen), so geht dessen Feuerrate hoch. Gleichzeitig Geht aber auch die Feuerrate des inhibitorischen Pools hoch (das reguliert den Neuronenpool, der in die Höhe geschnellt ist so, dass dessen Feuerrate nicht ins unendliche geht, sondern auf einem bestimmten Level bleibt [2. stabiler Zustand]) und die Feuerrate des zweiten spezifischen Neuronenpools runter geht (der inhibitorische Pool geht ja hoch). D.h. der erste Neuronenpool (in den wir den Reiz gefeuert haben) gewinnt und dieser Gedanke wird ausgeführt.
Brezelt man in beide attractor networks einen Reiz, so kommt es darauf an, wann und wie stark diese Reize sind.
Sind sie gleichzeitig und gleichstark, so gehen beide Feuerraten hoch und entweder fallen sie dann zurück in den ersten stabilen Zustand ( und dümpeln wieder weiter vor sich hin) oder einer der beiden Pools hat Glück (das ganze System hat viel mit Wahrscheinlichkeiten zu tun) und gewinnt den Kampf. Dann bleibt dieses eine Netzwerk in dem aktiven Zustand und der andere Pool fährt seine Feuerrate wieder runter (-> der zweite stabile Zustand ist wieder erreicht).
Sind die Reize gleichzeitig, jedoch unterschiedlich stark, so sollte (wie schon erwähnt ist das System auf Wahrscheinlichkeiten aufgebaut und so implementiert, dass es ebenso wie unser Gehirn Fehler macht) der Neuronenpool mit dem stärkeren Reiz den Kampf gewinnen und sich so wieder der zweite stabile Zustand aufbauen.
Wenn euch jetzt schon der Kopf raucht kommt hier noch etwas mehr Feuerholz. Jetzt gibts das als zweiten Schritt nämlich auch noch mit vier spezifischen Neuronenpools (Gd1-4).
Das Prinzip ist das gleiche wie in unserem ersten Teilmodell. Es gibt zwei stabile Zustände. Einmal der „Dümpel-Modus“ und einmal ein Zustand in dem nur einer der Neuronenpools aktiv ist (the winner takes it all) und die anderen weiter „nichts“ tun.
Komplizierter wird es aber dadurch, dass man viel mehr Verbindungen zwischen den Neuronenpools hat und natürlich auch viel mehr Möglichkeiten, wann man in welchen Neuronenpool welchen Reiz reinpfeffert. Dafür sehen die Graphen aber interessanter aus, die man dann rausbekommt 🙂
In einem letzten Schritt geht es jetzt darum, diese beiden Modelle zusammenzusetzen. D.h. wir müssen erste Netzwerk (mit dem inhibitorischen, dem großen und den zweispezifischen Neuronenpools) dem zweiten Netzwerk (samt inhibitorischem, großem und vier spezifischen Neuronenpools) vorschalten. Das ist das Problem mit dem wir uns gerade beschäftigen.
Mit diesem Modell (wenn es fertig ist und auch richtig funktioniert) kann man dann den kompletten Ablauf im Arbeitsgedächtnis der Probanden nachvollziehen. Das Netzwerk mit den zwei spezifischen Neuronenpools stellt die zwei Grundregeln dar, die man gelernt hat (also ob die obere oder die untere Zahl heller ist). Das Netzwerk mit den vier spezifischen Neuronenpools stellt dann die Verfahrensmöglichkeiten mit der Zahl dar. Ist die Zahl oben heller, so hat man die beiden Entschiedungsmöglichkeiten „gerade“ und „ungerade“. Diese werden mit zwei der vier spezifischen Neuronenpools dargestellt. Ist die untere Zahl heller, so hat man die Möglichkeiten „<5“ oder „>5“. Diese werden mit den anderen beiden spezifischen Neuronenpools dargestellt. D.h. jeweils zwei der Neuronenpools aus dem zweiten Model sind mit einem der zwei Neuronenpools aus dem ersten Modell gekoppelt.
Wenn es dann darum geht das Lösen der Aufgabe zu simulieren gibt es wieder verschiedene Szenarien:
1. Nur die obere Zahl ist sichtbar:
ein vorgeschalteter Neuronenpool (aus unserem ersten Modell) bekommt einen Reiz -> die beiden mit ihm vernetzten Neuronenpools (aus dem zweiten Modell) gehen mit hoch -> einer dieser beiden Neuronenpools bekommt einen zusätzlichen Reiz (= Entscheidung ob gerade oder ungerade) -> dieser Neuronenpool geht noch höher, während der zweite (der für die andere Entscheidung steht) wieder in den „Ruhezustand“ zurückfällt.
2. Beide Zahlen sind mit unterschiedlicher Helligkeit sichtbar:
beide vorgeschalteten Neuronenpools bekommen eine gebrezelt, allerdings ist der eine Reiz stärker (da diese Zahl heller ist) als der andere -> der Neuronenpool mit dem stärkeren Reiz gewinnt -> weiteres Verfahren wie in 1.
Den Rest der Woche werden wir nun also damit verbringen erst einmal unser Modell zum Laufen zu bekommen und wenn das einmal geschafft ist, werden wir unser Modell auf die Messdaten anwenden, die die Arbeitsgruppe bekommen hat. Dann lassen sich nämlich mit unserem Modell die Reaktionszeiten und die Fehlerraten der Probanden vorraussagen.
Hört sich auf jeden Fall spannend an und kling nach genügend Arbeit für die letzten drei Tage!!!